Das Lebensgeländer

von P. Behring-Mothes

Wir stellen uns unseren Lebensweg vor, auf diesem Lebensweg benutzen wir auf der einen Seite ein Geländer, auf der anderen Seite ist der Weg frei mit vielen vielen interessanten Dingen. Dieses Geländer ist für uns ein Halt eine Art Orientierung, wir entfernen uns auch mal von dem Geländer um Erfahrungen zu sammeln, aber die meisten kehren wieder zurück und gehen weiter. An dem Geländer sind Werte, Erwartungen und Normen fest verankert, die wir angenommen oder aus Erfahrungen heraus gelernt haben. Manchmal verändern sich die Werte und Erwartungen auch am Geländer, aber wir wissen dieses Geländer gibt uns Halt.

Nun kommt Felix, er hat ADHS und geht an dem Geländer entlang, aber daneben sind so viele interessante Dinge. Felix entfernt sich immer wieder vom Geländer, denn Felix liebt das Abenteuer, aber er hat auch Schwierigkeiten wieder zu dem Geländer zurückzufinden, weil immer mehr interessante Dinge auf ihn zu kommen und Felix offen für Neues ist und gern ausprobiert. Werte, Normen und Erwartungen reizen ihn nicht sehr, die sind so grau und langweilig, er liebt es bunt und lebendig.

Er wird viele negative Erfahrungen sammeln, aber seine Neugierde wird dadurch nicht weniger. Wenn wir jetzt das Geländer mit Signalen, Belohnungen und Konsequenzen versehen, wird das Geländer interessant und bunt, Felix wird sich dem Geländer zuwenden. Felix mag genauso wie wir Belohnungen und Anerkennung und er wird auch lernen, dass negative Konsequenzen unangenehme Erfahrungen sind und Belohnungen Spaß machen. Felix wird froh sein so ein Geländer zu haben, denn es stört ihn selbst, dass er so viel falsch macht und es tut ihm auch leid, dass er immer wieder den Versuchungen erliegt, sich von dem Geländer so weit zu entfernen. Er freut sich über Struktur, auch wenn sie von außen kommt, denn er hat durch seine schnelle Begeisterungsfähigkeit Schwierigkeiten, eigene Strukturen selbst zu schaffen. Felix hat ja auch ganz viele gute Dinge die er bringt. So ist er z.Bsp. erfinderisch oder musisch oder sozial oder, oder und diese Stärken kann Felix nutzen um sich auch mal vom Geländer zu entfernen oder ganz schnell ein Stück weiter am Geländer zukommen. Dies muss er aber erst selbst lernen und um seine Stärken zu nutzen, dazu braucht er viel Motivation. Felix ist ein kleiner Abenteurer und Entdecker. Er will selbst Erfahrungen machen und sich von Dingen selbst überzeugen, er mag keine Moralpredigten.

Eins wird Felix aber von selbst lernen, das Geländer ist ein Stück Sicherheit und jeder braucht sein eigenes Geländer mit seinen eigenen Erfahrungen.